Tunneltage

China 10.12.2017

Hätten wir vorher gewusst, wie dieser Streckenabschnitt aussieht, hätten wir wohl den Bus genommen. Das was wir von der Landschaft gesehen haben war verdammt schön, doch es waren immer nur sehr kleine Zeitfenster zwischen den vielen Tunneln.

 

Vor zwei Tagen haben wir mit der Abfahrt vom Ost-Tibet Plateau begonnen. Das klingt jetzt merkwürdig, aber ja, das zieht sich verdammt lang hin. Mit schönen Schluchten und schnellen, kurzen und langen, weniger steilen Abfahrten. 

 

Nachdem wir gestern völlig unvorbereitet 8 Tunnel durchqueren mussten, haben wir unseren Tag ziemlich erschöpft in einer Unterkunft beendet. Waren noch was essen, welches uns von einem betrunkenen Chinesen bezahlt wurde und sind in die Betten gefallen. 

 

Heute sind wir schlauer und haben morgens so weit in unser Navigationssystem reingezoomt bis die Tunnel tatsächlich zu sehen waren. Nun wissen wir wenigstens was konmt oder besser: meinen es zu wissen. Über die kommenden 70km Tunnel an Tunnel. Na, das kann ja was werden. 

 

Kurz hinter dem Ort geht es auch schon mit dem ersten los. Der hat eine Länge von über 2km. Was, so können wir am Ende des Tages sagen, noch einer der kürzeren Tunnel sein wird. 

Im Gegensatz zu gestern ist dieser Tunnel immerhin beleuchtet. Doch leider lässt das die Chinesen annehmen, dass Licht am Auto sei überbewertet. Was uns die volle Konzentration abverlangt, denn abzuschätzen wie weit das von hinten heran rasende Auto noch entfernt ist, lässt sich ohne Licht im Rückspiegel kaum erkennen. Ich halte mehrere Male vor schreck den Atem an, wenn einer dieser Raser erst 1 Meter hinter mir ausscherrt. 

 

Jeder Tunnel hat eine neue (nicht unbedingt schöne) Überraschung für uns. 

 

Die ersten Tunnel Tunnel sind angenehm ruhig, sprich kaum Verkehr. Aber auch völlig stille und kilometerlange Tunnel haben mit der Zeit etwas bedrückendes an sich. Durch lautes Synchron - Pfeifen unsererseits wird es geradezu skurril. Später an diesem Tag wünschen wir uns noch einige Male die anfängliche Stille zurück.

 

In Tunnel Nr. 4 hört nach den ersten Metern die Beleuchtung einfach auf. 

Im Tunnel Nr. 8 werden wir gleich zweimal kurz hintereinander von ziemlich aggressiv hupen LKWs haarscharf überholt. 

 

Tunnel Nr. 13 wird gerade komplett saniert. Es ist tropisch warm hier drin, es tropft und ist matschig. Es ist spärlich beleuchtet und da wir nur im Schneckentempo fahren können, kommt uns dieser hier extrem lang vor. 

 

Nach 50km haben wir 15 Tunnel hinter uns und lassen uns zu einer kurzer Mittags- und Verschnaufpause am Wegesrand nieder. Ich lasse mich in meinen Stuhl fallen und merke erst jetzt, dass ich scheinbar die gesamte Zeit meine Schultern vor Anspannung hochgezogen habe. Also ist jetzt erstmal aktive Entspannung angesagt. 

 

Zwischen Tunnel Nr. 16 und Nr. 17 haben wir gerademal 10m zum Verschnaufen und danach geht's direkt wieder in die Dunkelheit - für über 4,5km.

 

Im Tunnel Nr. 20 sind dann tatsächlich mal die Ventilatoren an, aber an der Luft ändert das nicht wirklich was. Es erhöht lediglich die immense Geräuschkulisse. Bevor wir ein Fahrzeug sehen, kündigt es sich geräuschvoll mit einem Dröhnen welches den gesamten Tunnel erfüllt, an. Unmöglich die Richtung aus der es kommt festzustellen. Sein eigenes Wort ist kaum verständlich und die Kommunikation unter einander ist nur noch bedingt möglich.

 

In fast allen Röhren bläst uns mächtig warme Luft entgegen und beim herausfahren frieren wir geradezu, was die Kleiderwahl extrem schwer macht. 

 

Das, was wir von der Landschaft an diesem Tag erahnen können, sähe sicherlich toll aus. Wenn man keine Tunnel fahren würde, hieße das jedoch mit Sicherheit mächtig viele Serpentinen. Was wiederum die Berechtigung für die Tunnel darstellt. Daher lassen wir Eva zwischendurch auch mal aus der Tasche um einen Blick von oben zu erhaschen.

 

ABER sowas brauchen wir echt nicht nochmal. Ebensowenig die Nackenschmerzen und Verspannungen am Folgetag. 

 

Lena

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Rüdiger Miertschink (Samstag, 03 Februar 2018 10:36)

    Hut ab vor euch und auch Hut ab vor den Chinesen! Was diese Menschen da in der entlegensten Ecke der Welt gebaut haben und noch bauen verdient schon alle Achtung. Ob Deutsche sowas in dem kleinen Deutschland auch könnten, wage ich ja zu bezweifeln. Wir denken mal nur an der BER-Flughafen. Die Chinesen haben im Osten von Peking in nur 20 Monaten Bauzeit den BER nachgebaut. Auf die Frage warum gerade nach dem Modell des BER gebaut wurde, war die Antwort: Weil der Bauplan für den BER sehr funktional und einfach und das Original sicher schon lange in Betrieb ist...

  • #2

    Viola (Donnerstag, 08 Februar 2018 23:29)

    Puh. Das nur anzugucken, ist schon eine Herausforderungen...
    Darum beneide ich euch ja nun gerade mal gaaarnicht.
    Gut, dass ihr auch da heil durch gekommen seid!!