Schlaflos am Mekong

Laos  - 7. März

Nach einer verhältnismäßig  kurzen Mittagspause macht Emil von jetzt auf gleich verdächtig knarzende Geräusche. Ich versuche mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass wir heute Vormittag durch viel Sand und Kleinstgestein geradelt sind. Doch es hilft alles nix. Emil knarzt, dann knackt es und bei jeder Umdrehung habe ich das Gefühl Schleifpapier im Tretlager zu haben. 

 

Wir stoppen nach wenigen Metern und ein leichtes wackeln an der Pedale zeigt, dass das Tretlager wohl seine besten Zeiten hinter sich hat. 

Wir erinnern uns an unseren Einfahrtstag nach Tschechien vergangenes Jahr. Da hat Emil schon mal ein neues Tretlager dank toller Hilfe eines ortsansässigen Radladens erhalten. Und jetzt schon wieder? 

 

Tja, ich scheine wohl kräftiger zu treten, während Stefan mehr in die Bremsen geht. Ich habe schon zwei Tretlager durchgetreten, Stefan dreimal mehr Bremsbeläge als ich abgebremst. 

 

Im nächsten Ort versuchen wir unser Glück an einer Autowerkstatt um ein einigermaßen passendes Werkzeug zu ergattern, denn ein Ersatztretlager hat Emma glücklicherweise seit einigen tausend Kilometern im Gepäck, das entsprechende Werkzeug allerdings nicht. Wir werden fündig und mit Hilfe eines online Tutorial und unter den neugierigen Blicken der Fachmänner für vierrädrige Weggefährten schaffen wir es tatsächlich ohne Probleme! 

Da die Dunkelheit hier schnell eintrifft, fahren wir mit schnurrendem Tretlager noch ein paar wenige Kilometer aus der Stadt heraus und finden ein kleines Fleckchen Rasen direkt am Mekong zwischen den Fischerbooten und mit Blick auf Thailand. 

 

Das Zelt ist schnell aufgebaut, die Küche vorbereitet und das Bad im Mekong leider ein wenig von Fischgerichte begleitet. Die Luft steht und so ist das Gefühl der Erfrischung schon nach wenigen Minuten des bewegungslosen Sitzens wieder zunichte gemacht. 

Auch wenn der Kocher eine zusätzliche Wärmequelle bedeutet, so müssen wir essen und die Thunfisch Pizza aus der Pfanne war die Schweißtropfen wert. Wir bleiben noch ein bisschen sitzen und erfreuen uns über jeden noch so kleinen Luftzug. Der Fahrradcomputer zeigt immer noch über 31° an. 

 

Die Vorstellung jetzt in das Zelt, welches ohne Überzelt und dank des vielen Netz-Materials zwar schon echt ein Sommerzelt ist, beglückt uns so gar nicht. Denn gerade im unteren Bereich lässt das Material keine Luft hindurch an unsere geplagten Körper. Aber ohne Zelt, einfach im Freien zu schlafen ist bei der aktuellen Mückensituation auch keine Option. 

 

 

 

 

Also krabbeln wir hinein und versuchen so wenig Hautkontakt zu eigenen oder den Körperteilen des anderen zu haben. Alles klebt und wir schwitzen aus allen Poren ohne irgendwas dafür tun zu müssen. Um uns herum ist es düster, nur ein paar Lichter von der anderen Uferseite und von den Booten der Fischer nebst Sternen sind zu sehen. 

Ich glaube, ich hatte es gerade tatsächlich geschafft für ein paar Minuten wegzudämmern, denn ich wache vom Flattern unseres Zeltes auf. Von jetzt auf gleich bricht ein kleiner Sturm über uns herein. Wir können endlich ein bisschen aufatmen und gleichzeitig haben wir Sorge vor einem ordentlichen Platzregen, denn das würde bedeuten, dass Überzelt aufzubauen und dann staut sich wieder alle Luft im Zelt. Nach etwa einer halben Stunden ohne Regen flaut der Wind wieder ab und wir versuchen erneut zu schlafen. 

Gerade haben wir das Gefühl von einigermaßen guter Temperatur und Frischluftzufuhr, da ist es genauso schnell wie der Wind gekommen war, auch schon  wieder vorbei. Ernsthaft? 

 

Wir welzen uns beide hin und her. Als auch noch einige der Fischer quatschend und  relativ dicht an unserem Zelt auf und ab gehen sind wir ziemlich genervt. Eigentlich könnte uns das gleich sein, denn was soll schon sein? Aber schlafen wenn quasi neben deinem Ohr gesprochen wird... geht irgendwie nicht.

Dann kommt die nächste Hitzewelle oder besser völlig regungslos, heiße, stehende Luft. Zudem haben wohl doch min. zwei Mücken unsere Jagd überlebt und massakrieren uns jetzt. Es dauert eine halbe Ewigkeit bis wir beide erwischen. Wir sind wach und können absolut nicht schlafen also sortieren wir, inzwischen ist es kurz nach Mitternacht Fotos und Videos aus, essen Kekse und würden einen Schluck  Schnaps befürworten aber den haben wird leider nicht. Also Schlafversuch der Dritte. 

 

Eine halbe Stunde später. Zwei Hunde der Fischer sind wohl ziemliche Blitzmerker... In ihrem Revier haben sich vor ca. 6 Stunden zwei Eindringlinge auf zwei Eseln und mit einem komischen Konstrukt namens Zelt breit gemacht. Mission: vertreiben. Mittel zum Zweck: Bellen und Kläffen aus sicher Entfernung. Das geht ungefähr eine viertel Stunde so bis Stefan der Kragen Platz, hinaus stolpert und versucht diese zum Schweigen zu bringen. Das kommt mir irgendwie bekannt vor :) nur war es damals bitterkalt! 

 

Als die Vierbeiner endlich Ruhe geben, haben wir leider den nächsten Mückenschwarm im Zelt und die Jagd beginnt von vorne. 

Die Uhr zeigt 3:00 an. Eigentlich wollten wir um 5:30 aufstehen um der Hitze zu entgehen. Wir haben das Gefühl noch nicht eine Stunde am Stück geschlafen zu haben und man könnte meinen jetzt sollten wir wirklich mal schlafen. Würden wir ja auch gerne tun. Inzwischen liegen diverse Insektenleichen um uns herum - keine lebende Mücke mehr im Zelt. Mein Atem beruhigt sich und ich dämmere gerade weg als ohrenbeteubende Musik uns beschallt. Wie bitte? Es ist kurz nach drei Uhr in der Früh und die Fischer beginnen jetzt mit einer Party am Fluss? Ist das noch deren Ernst? Südostasien ist niemals still, irgendwo wird immer gefeiert und dann mit viel zu lauter Musik. Doch dies übertrifft tatsächlich vieles. 

Auch Oropax helfen nicht wirklich. Ich glaube gegen halb fünf ist tatsächlich Ruhe und auch die Temperaturen so abgeflaut dass wir irgendwann doch endlich völlig erschöpft einschlafen. 

 

Wir stellen den Wecker noch eine Stunde weiter und als wir uns dann ziemlich gerädert hochquälen ist es kühl, der Himmel bedeckt und der Regen kündigt sich an. 

 

Lena


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Kommentare: 2
  • #1

    Viola (Mittwoch, 25 April 2018 15:02)

    Wenn, dann richtig!
    Mal wieder Dank für einen Einblick in euren Reise-Alltag.
    Ich hoffe, dass das eher die Ausnahme war.
    Aber zu heiß zum Schlafen ist es ja jetzt vermutlich häufiger.
    Also: ich wünsche euch bis auf weiteres geruhsame Nächte!

  • #2

    Bernhard (Freitag, 12 Februar 2021 22:58)

    Wieder sehr interresant.
    und
    14000 kmin einem knappen Jahr, das ist schon was, zumal ja auch Zelt auf und abbauen dabei sind, viele viele Höhenmeter, ein ganzer Hausstand dabei war und vor allen viele viele schlechte Wege, wie ja zu sehen war.
    Im Nachgang deshalb, herzlichen Glückwunsch

    Wenn das Tretlager öfter verschleißt leigt das oft daran dass die beiden Flächen auf denen Tas lager aufsitzt nicht parallel zueinander sind. Wenn dem so ist, ist beim Fräsen etwas geschludert worden. Man sollte das nachholen, dann ist das Problem beseitigt. Alles weitere
    https://www.fahrrad-workshop-sprockhoevel.de/innenlager-gehaeuse.htm

    vG
    Bernhard