Die letzte Grenze

Deutschland Oktober 2018

Es ist tatsächlich 18 Monate her, dass wir zuletzt in Deutschland waren. Und nun soll es also gleich wieder soweit sein. Wir hatten uns das wahrlich spektakulärer vorgestellt. Dass die Zeiten der Grenzen Vergangenheit sind wussten wir ja, aber als wir in Passau über eine Brücke die Uferseite wechseln, radeln wir fast an diesem unscheinbaren, mit Aufklebern gepflastertem Schild vorbei. So - da sind wir also wieder. Unsere Gemütslage lässt sich schwer in Worte fassen und wir hängen beide unseren Gedanken nach. Zurück in Deutschland. 

 

Soviel zum Thema Wilcamping

Ab Passau folgen wir dann auch wieder der Donau, die wir vergangenes Jahr in Rumänien verlassen haben. 

Für unsere erste Nacht im Heimatland bietet uns eine kleine Ansammlung von Büschen auf einer Wiese einen Sichtschutz - denken wir zumindest. Am nächsten Morgen, wir sind gerade am abbauen, hält ein Traktor neben uns. Der Fahrer fragt uns gerade heraus: "wie kommt man eigentlich auf die Idee, dass das okay ist, was ihr da macht?" Upss, da haben wir wohl auf privatem Grund genächtigt und die Wiese schön platt gelegen. Stefan argumentiert, dass uns schon klar ist, dass Wiesen auch zur Futtergewinnung gemäht werden, diese hier aber schon geschnitten aussieht und direkt nebenan auch eine Fahrspur ist. Folglich erschien es uns in Ordnung hier zu stehen. 

Doch offenbar ist auch dieses Stück noch wichtig für den Besitzer. 

Er äußert sogar noch Verständnis und räumt ein, dass das hier schon ein gutes Plätzchen sei, wir aber nicht die ersten sind und er es leid ist. 

Er verzichtet auf die Polizei, die er vermutlich hätte rufen können. 

 

Na wenn das man nicht ein gelungener Start in Deutschland ist!?

 

Der nächste Tag ist wolkenverhangen, aber immerhin ohne Regen. 

Von Passau radeln wir, mit einem Zwischenstopp in Cham, durch den oberen bayrischen Wald. Für erfreuen uns immer wieder aufs Neue an der Auswahl an Zweiten Frühstücken und gehen in diesem Zuge fast täglich einkaufen ;)

Es geht bergauf, bergab und die Sonne brennt tatsächlich noch einmal so heiß dass wir uns aus unserem Footprint in der Mittagspause ein Sonnensegel bauen müssen ;) Dafür wird es jetzt abends wieder wahnsinnig schnell kalt. Nichts mit gemütlich vor dem Zelt sitzen und gedankenverloren in die Ferne schauen. Stattdessen rein in's Zelt und in den wärmenden Schlafsack.

 

 

Eine kleine Zeitreise

Die nächste Etappe können wir abkürzen und kommen damit schon einen Tag früher als gedacht bei Peter und Christine an. Wenn auch mit dem allerletzten Tageslicht. Doch die beiden erwarten uns schon freudig in ihrem kleinen Bauernhaus und mit gedecktem Tisch. Unsere Warmshowers-Gastgeber sind vor ca. 30 Jahren mit dem Fahrrad durch Südostasien und Neuseeland geradelt. Was für eine andere Welt und was für ein anderes Abenteuer muss das gewesen sein? Ein paar Fotos von damals werden überlagert und vermischt mit Erinnerungen, Erzählungen und Fotos von uns von vor ein paar Monaten.

Wir genießen den Austausch über die Erlebnisse und ruhen uns hier länger als geplant aus. 

 

Auch wenn uns das losfahren schwer fällt, so verabschieden wir uns nach 3 Nächten wieder, da wir in 5 Tagen bei Freunden in Chemnitz einradeln wollen. 

Die Strecke führt uns über Hof, Plauen und Zwickau und wir müssen dieser Tage unsere Zeltplatzsuche extrem anpassen. Wir sind es nicht gewohnt im Wald zu zelten. Bisher hatten wir unsere Plätze zwar versteckt aber mit Aussicht an Feldrändern oder an Gewässern gewählt. Doch das erweist sich in Deutschland als äußerst schwierig und so versuchen wir uns mit den Wälden anzufreunden. Oder sind wir etwa doch einfach zu ängstlich geworden?

Im Wald knackst und raschelt es fast immer. Viele der leisen und lauten Geräusche klingen als würde sich etwas dem Zelt nähern oder in kurzer Distanz vorbeihuschen. Stefan blendet das alles aus indem er sich die Ohren zustöpselt und so finden wir glücklicherweise auch im Wald unseren Schlaf, auch wenn ich nie verstehe werde, wie Stefan im Zelt mit Oropax schlafen kann - ich fühle mich dann zu sehr abgeschottet und mag es nicht, wenn ich überhaupt nichts mehr mitbekomme.

 

 

Der nächste Tag führt uns viele, viele Kilometer durch Wald und in Schlangenlinien folgen wir dem Radweg. Schotterwege, Feld- und Waldweg wechseln sich stetig ab. Eine Bank in der Sonne bietet uns Platz für's zweite Frühstück. Wir kämpfen uns weiter vorwärts. Eigentlich wollen wir uns gerade einen Platz für die Mittagspause suchen, da taucht ein Gasthaus auf, dessen Außenbereich wunderbar in der Sonne liegt. Geburtstags-Schnitzel? Jau! 

Stefan hat noch Geburtstagsgeld aus dem August übrig und lädt uns zum Mittagessen ein. 

Die Bedienung ist zwar etwas merkwürdig, aber das Schnitzel schmeckt und die Portion ist ordentlich.

In der Stadt Hof, im nördlichen Bayern, nächtigen wir bei Stefans Namensbruder Stefan und verbringen den Abend mit ihm im Biergarten. 

 

Emil gehorcht nicht mehr

Zwei Tage später:

Während ich unser Mittagessen zubereite, versucht sich Stefan daran das Knarren meines Lenkers verschwinden zu lassen. Nach dem Essen stellt sich heraus, dass diese Aktion etwas schief gegangen ist.

Er hat die Schraube, welche den Lenker mit der Gabel verbindet komplett gelöst und herausgezogen. Im Inneren des Rohres ist das Gegenstück, sozusagen die Mutter für die Schraube, aber nun nach unten gerutscht, so dass die Schraube nicht mehr heranreicht. Eigentlich könnte man den Lenker jetzt bewegen, ohne dass das Vorderrad folgen würde.

Zum Glück sind Lenker und Gabel derart verkantet, dass das Steuern aber doch noch möglich ist. Und tatsächlich ist ganz in der Nähe sogar ein Fahrradladen auf den wir vorsichtig zusteuern - immer mit der Angst im Nacken, dass sich die Verkantung löst und Emil auf kein Kommando mehr hört.

 

Der Besitzer das Ladens ist unfreundlich und mal wieder der Schlag Mensch der voreilig Schlüsse zieht. Er lässt uns nicht mal ausreden um das Problem zu beschreiben. Er meint sofort zu wissen, was getan werden müsse und sagt auch direkt heraus, dass er jetzt so gar keine Zeit dafür hätte. Wir bekommen noch aus ihm heraus, das wir das gaaaanz eventuell auch selber reparieren können. Blödmann!

Stefan überzeugt mich, dass wir hier und jetzt versuchen sollten das Gegenstück der Schraube irgendwie nach oben zu bewegen, sodass die Schraube wieder greift. 

Also Vorderrad ausbauen, Schutzblech abmontieren und mit einer Fahrradspeiche von unten durch das Rohr versuchen irgendetwas zu erreichen. Und ja, da bewegt sich was! Aber es klappt nicht. Irgendwie bekommen wir das nicht mehr zusammen. 

Doch siehe da - Ich habe schon fast aufgegeben, da greift die Schraube tatsächlich und wir können sie festziehen. 

Yes! 

Wir können weiter fahren! 

 

Die letzten zwei Tage bis kurz vor Chemnitz, ist sich das Wetter nicht ganz einig und auch die Strecke ist nicht immer die schönste, da wir öfters auf der Bundesstraße radeln müssen. Die blühenden Rapsfelder irritieren mich zu dieser Jahreszeit und die Zeltplatzsuche erweist sich auch als eher schwierig in dieser Gegend. Statt geplanter Pizza gibt es nur einfache Nudeln und ein ziemlich schräges Plätzchen für die Nacht. Aber in Vorfreude auf morgen schlafen wir dennoch ganz gut!

  

Lena

 

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