Radlerglück

Bosnien - 29. August 2018

 

Ein letzter Pass trennt uns noch von Bosnien und Herzegowina. Wir haben ein paar Tage an der kroatischen Küste verbracht und werden in ein paar Wochen auch noch mal das Inland durchqueren. Und nachdem uns Griechenland, Albanien und Montenegro absolut positiv überrascht haben, freuen wir uns auf ein weiteres, uns unbekanntes Land. Ein Land von dem wir nicht mal wussten, dass auch hier viele Muslime leben. 

Auch Bosnien und Herzegowina zählt zum ehemaligen Jugoslawien. Diesen Staat gab es viele Jahre im 20. Jahrhundert und wurde erst von Königen und ab 1945 von Kommunisten regiert. Seinerzeit umfasste Jugoslawien die heutigen Staaten Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kosovo und Mazedonien mit Belgrad als Hauptstadt. Am Ende bestand es noch aus Serbien und Montenegro. Als Montenegro 2006 unabhängig wurde, gab es auch kein Jugoslawien mehr. Aber das nur als Information am Rande.

In der Warteschlange an der Grenze zollen uns zwei Motorradfahrer ihren höchsten Respekt und wollen vieles von uns Wissen. In der Tat sind diese Momente je nördlicher wir kommen, immer seltener geworden. Gerade Länder wie Griechenland und Kroatien sind Touristen und auch Radler gewohnt. Wir hofften in Albanien, Montenegro und nun auch noch in Bosnien & Herzegowina "unberadeltere" Regionen zu entdecken. Dass wir unsere Heimreise vom Süden Europas antraten haben wir nicht bereut!

 

Ein Radweg !

Das erste Schild lässt nicht lange auf sich warten. Wir biegen direkt hinter dem Grenzgebäude nach links auf eine sehr schmale Straße ein. Nach über einem Jahr fahren wir auf einem ausgeschilderten Radweg - und das in Bosnien! Es handelt sich um eine alte Bahnstrecke die zum sogenannten "Ciro Trail" ausgebaut wurde. Nach der völlig überfüllten kroatischen Küstenstraße ist es eine Wohltat nun diese kleine, schmale und etwas erhöhte Straße entlang zu radeln. Mal asphaltiert, mal Schotter aber immer gut befahrbar. Wir haben relativ freie und weite Sicht, da die Büsche und Bäume in dieser Gegend nicht sonderlich groß sind und zudem knappe 1,5m niedriger wachsen als wir radeln. In der Ferne zeichnen sich Bergketten ab und wir radeln durch ein weites Tal. Links und rechts tauchen immer wieder über 3 Meter hohe Felswände auf. Es wirkt als wenn hier vor langer Zeit der Weg extra durch Stein und Geröll geschlagen und gemeißelt wurde. Wir können einfach nicht anders und müssen immer wieder Zuggeräusche machen während wir durch die Landschaft brausen. Und ja wir können brausen, denn es ist endlich mal wieder wunderbar flach nach all den Bergen. Tuuut tuuuut. 

Wir verbringen zwei wunderbare und sonnige Tage auf diesem Radweg, welcher sich mit zwei kleinen Erhebungen bis nach Mostar windet. Da wir wissen, dass sich auch in Bosnien noch viele Landminen befinden zelten wir nur auf privatem Grund, öffentlichen Campingplätzen oder eindeutig genutzten Flächen. Wir treffen noch andere Radler in beiden Richtungen, doch sind wir die einzigen Langstrecken-Radler und daran müssen wir uns immer noch gewöhnen. Warum fragt man sich! Naja, meist kommt nur ein knappes "hello" oder gar nur eine minimales Kopfnicken. Das verwirrt uns, denn von unserer Reise sind wir anderes gewöhnt. Einen Stop mit einem Austausch am Straßenrand über Route, Ziel und Tipps usw. Natürlich nicht immer - aber man hat sich einfach gefreut und diese Freude in irgendeiner Form geteilt. (Außer man konnte die anderen nicht ausstehen, natürlich ;))

Wir haben uns einen halben Ruhetag rausgefahren und verbringen diesen bei Bambi - einem weiteren Warmshowers Host. Dieser hat ein riesiges Grundstück für 5 Jahre gepachtet um dort Permakultur-Projekte zu starten. Etliche Reihen mit hunderten von Traubenreben. Wir können unser Zelt aufschlagen, uns die Bäuche mit Trauben füllen und sind tatsächlich nicht die einzigen Radler-Gäste. Er selbst lebt auf dem Grundstück in einem ehemaligen Kühlcontainer zusammen mit seiner Hündin. Wieder so ein Mensch der mehr Ideen im Kopf hat als er gleichzeitig umsetzten kann. So unsere Einschätzung. Ein Grundstück mit Massenhaft Potential und vielen, in unseren Augen, angefangenen Projekten aber eben nichts wirklich abgeschlossen oder eben verdreckt oder vermüllt. Schade. Aber er lebt hier und nicht wir! 

Wir verbringen den Nachmittag mit Blog-Pflege, entscheiden uns gegen die Hauptstadt und machen uns am darauf folgenden Tag auf den Weg in den Norden, nach Banja Luka. 

 

Vorgartenzelten

Wir folgen der Straße nach Jablanica. Die Straße führt später auch nach Sarajevo und ist dementsprechend voll. Zu unserer rechten ragt eine steile Felswand empor und zu unserer Linken folgen wir einem Fluss. Leider haben wir kaum einen Blick dafür, da wir uns auf die schmale Straße und den enormen Verkehr konzentrieren müssen. Hinter Jablanica können wir endlich auf eine Nebenstraße ausweichen und atmen durch. Jetzt können wir die Landschaft genießen und erfreuen uns an den letzten Sonnenstrahlen. Kurz vor einem Ort füllen wir an einer kleinen Wasserstelle nochmals unsere Flaschen auf. Es ist später Nachmittag und wir halten nach einer möglichen Fläche für unser Zelt Ausschau. Am anderen Flussufer reihen sich drei Häuser mit bunten Gärten auf. Ich schlage vor mal das ganz linke anzufahren. 

Wir haben Glück und können der Familie die vor ihrem Haus sitzt unser Anliegen erklären und dürfen unser Zelt direkt nebenan auf der Wiese aufschlagen. 

Ich komme gerade vom Fluss wieder, als wir Cafe und Obst angeboten bekommen. Ach so... einen Cafe! Mit ein paar Wörtern und mit Zeichensprache gelingt ein Austausch an den wichtigsten Infos und unserer Route. Die kleinste Tochter lockert die Runde glücklicherweise ein wenig auf. Wir bedanken uns und zeigen aufs Zelt, das wir noch aufbauen müssen. Gesagt, getan. Ich sammle alles zum Kochen zusammen, da steht die Frau des Hauses hinter mir mit einem Teller voll mit einem traditionellen Gericht aus Bosnien. Wir sind mal wieder sehr gerührt. Und so endet dieser Tag in unseren Stühlen vor unserem Zelt mit einem Teller voll mit... ja mit was eigentlich? Brotfladen gefüllt mit Fleisch und mit Suppe übergossen? Ich kann es nicht anders beschreiben. Aber es ist warm und es schmeckt. Dazu gibt es noch sauer eingelegte Paprika und mind. 2 kg Pflaumen. 

Und so neigt sich auch dieser Tag dem Ende und wir freuen uns auf unsere gemütlichen Schlafsäcke.

Lena

 

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Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Gaby (Dienstag, 15 Januar 2019 20:10)

    Wie machst du das nur, dass alle Tiere auf dich "fliegen"?
    Du solltest echt mal über dein weiteres Berufsleben nachdenken, liebe Lena.

  • #2

    Till Zimmer (Donnerstag, 17 Januar 2019 19:30)

    Wie immer, wenn ich euren Blog lese, wächst das Fernweh und die Wanderlust. Bosnien steht auch ganz weit oben auf unserer Liste für die nächsten Jahre. Liebe Grüße